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Es wird Herbst für Brigitte

Autorenbild: GeorgGeorg

Es wird Herbst 🍂 in Schwerin und irgendwie kann Brigitte Hartling sich nicht dem allgemeinen Eindruck entziehen, dass das so langsam auch auf ihr Leben und speziell auf ihre körperliche Verfassung zutrifft.  Geburtstechnisch nicht grade taufrisch, stellt sie signifikante Veränderungen an sich fest. Haut, Haare, Nägel, ….alles braucht nun Produkte aus dem Drogeriefachhandel für die Bestager. Auch die Reaktionszeiten werden länger. Im Verhältnis zu den jungen Kollegen, fällt ihr der Umgang mit den elektrischen Medien schwerer. Es ist ja auch gut wie es ist. Ihr Job ist arbeitsteilig organisiert. Sie selbst muss „nur“ dafür sorgen, dass alles läuft, nix liegen bleibt oder verloren geht. Fehler vermieden werden und speziell sie als Verbindungsglied der Kriminalpolizei zur Außenwelt, ihre Luftwurzeln zur Politik und Stadtverwaltung nicht gekappt werden. Mit Ermitteln, Beobachten, Verfolgen oder Beweisen - also alldem für das sie an der Polizeischule vor langen Jahren gute bis sehr gute Noten erhielt, hat das alles nichts mehr zu tun. Für ihren jetzigen Job konnte sie nur das Leben allgemein vorbereiten. Verwaltungsvorschriften einhalten, vermittelnd oder ausgleichend oder anderenfalls mit Anweisungen oder Durchsetzungsvermögen auf Konfliktparteien einwirken. Menschen von Sachzwängen oder Bedarfen überzeugen, damit sie die ihr anvertrauen Aufgaben bestmöglich organisieren kann. Ein Horrorjob. Ihr dickes Fell, was sie sich über Jahre hinweg antrainiert hat, ist Bedingung um nicht kurz im Job zu leuchten und dann wie eine Rakete die ihren Job gemacht hat, beim wiedereintritt in die Erdatmosphäre schnell zu verglühen. Der Trick ist, gleichmäßig stark zu brennen, wie die „ewige Flame“ eines Mahnmales, dabei möglichst gewaltig viel Rauch zu machen und die eigenen Ressourcen nicht erbarmungs- und rücksichtslos auszubeuten.

Brigitte kann, da sie im Einzelbüro sitzt, um die rhythmischen Erkältungswellen, der die Einsatzfähigkeit ihrer Abteilung temporär sehr zusetzt, einen großen Bogen machen. Aber auch sie ist nicht aus Kruppstahl. Seit einiger Zeit hat sie einen stechenden Schmerz in ihrer rechte Hacke. Speziell nach bewegungsfreien Zeiten im Bett, Bürostuhl oder am Tisch, wird sie von bis zur Lähmung führenden Beeinträchtigungen geplagt. In kurzen Momenten vergisst sie sogar wie sie heißt und wer sie ist. Beim zurückweichen des übermächtigen Scherzes, drängt sich dann aber wieder die Vertrautheit mit sich selbst auf die Festplatte im Hirn, Gottseidank. Wie ein mit Heimtücke beschlagener Verfolger, grätscht ein feuerspuckender Drache in die Ferse und macht, was ein Drache halt macht. Eine veritable Feuersbrunst!

Ärzte geben ihr zwar Medikamente und Entwarnung, denn in den meisten Fällen verschwindet die Reizung von Sehne, Knorpel und Knochen innerhalb eines Jahres wieder und hinterlässt weder Narben noch irgendwelche langfristige Schäden.

Für Brigitte, die in ihrem sportlichem Leben bisher von Zeitachsen von mehreren Tagen ausgegangen ist, ist die Vorstellung bis zu einem Jahr mit diesem nur knapp nicht ganz zum Tode führenden Einschränkungen leben zu müssen, ein unhaltbare und nur schwer aushaltbare Voraussage. Grade für sie, die es gewohnt ist, bei Erkennung von Mankos und Einleitung sofortiger Maßnahmen schnellstmögliche Wirkung zu erzielen.  Dieser Umstand der Machtlosigkeit über ihren eigenen Körper macht sie so fertig, dass sie sich erstmal für eine Woche krankschreiben lässt. Nicht der Fuß ist krank oder nicht nur der Fuß. Ihre Seele leidet. Am zweiten Tag der Krankschreibung hat sie in ihrem Haushalt, falls das überhaupt der richtige Name für die kleine spartanische Behausung ist in der sie üblicherweise übernachtet, alles so geordnet, dass sie ohne weitere Fußbewegungen den Tag über die Runden bringen kann. Ein zentraler bequemer Sessel mit zahlreichen internetfähigen Endgeräten, verkürzt ihr die Wartezeit. Wartezeit auf was? Bis der Tag, die Woche, das Jahr rum ist? Verdammt, wie aus den nix zum Invaliden geworden. Schicksal ist für Brigitte, die die Gestaltung ihres Leben schon immer selbst in die Hand nahm, eine Worthülse, eine leere Phrase mit dem unangenehmen Beigeschmacks eines Entschuldigungszettels.

Jetzt ruhig gestellt, ist sie verdammt sich mit sich selbst zu beschäftigen. Auch wenn sie einen sehr gepflegten und vorzeigbaren Bauchnabel ihr eigen nennt, möchte sie keine Show darum machen.

Trotz ihrer räumlichen Distanz zum Büro, erreichen sie dienstliche Signale. Sie sind so, dass sie sich fragt, warum sie überhaupt noch da ist. Jochen hat alle Kollegen eingeschworen und die tun Nix, was Brigittes Missbilligung hervorruft. Sybille hat einem seit Jahren sein Unwesen treibenden Grabscher und Triebtäter im Sozialamt der Stadt endlich durch ihre mit Hochdruck betriebenen in flagrati-Ermittlungen am Rande der Legalität die Hand gebrochen und dabei wahrscheinlich auch sein Herz, aber auf jeden Fall das Handwerk beziehungsweise an die Kette gelegt! Sybilles Mitleid hält sich in Grenzen. Sie fuchtelte dem maßgeblich verdächtigen 51 jährigen  zweifachen treu sorgenden Familienvater mit ihrer eigenen bekannt reizvollen und nur spärlich verhüllten Fassade vor dessen sabbernden Lippen herum, bis seine Impulskontrolle endgültig verloren ging. Seine wehrte Gattin fiel kreischend aus allen Wolken und er selbst neben der strafrechtlichen Verantwortung aus dem Beamtenverhältnis und der schönen Doppelhaushälfte am Rande irgendeines Schweriner Sees.

Fred ist es derweil gelungen, in der bis dato ungeordneten und sehr unübersichtlichen Bahnhofsszene der Landeshauptstadt eine stabile und von der Staatsmacht beherrschbare Struktur reinzubringen. Bis auf einzelne zu tolerierende kleinkriminelle Delikte, die Revierkämpfe unter konkurrierenden Jugendlichen sind, herrscht Friede im Schatten des Schlosses, auch wenn die Straßenbahnen nachts nicht mehr fahren und die Laternen die verwaisten Plätze nur noch defus beleuchten. Unglaublich, aber wahr. Als wenn von verbrecherischer Seite Rücksicht auf Brigittes fragiler werdende Hülle genommen wird. Unter diesen Voraussetzungen, kann sich Brigitte Hartling mit dem Genesenen viel Zeit lassen. Beitragen kann sie ohnehin nur mäßig. Die einen sagen, schonen ja, trotzdem bewegen, dehnen, und Schmerz lindernde Mittel nehmen,. Die Tipps im weltweiten Netz beweisen, dass sie nicht allein ist. Das hilft ihr auch nur begrenzt. Die geeigneten Methoden zur endgültigen Heilung reichen von „einfach aushalten“ und ignorieren bishin zu manueller therapeutischer Behandlung, Stoßwellen, Einlegesohlen oder im wahren Wortsinn durch Bewegung „weglaufen“. Die beste Krankheit taugt Nix. Vier Ärzte - fünf Meinungen. Aber, um die Seele nicht noch rammdösiger und den Körper noch bewegungseingeschränkter werden zu lassen, beschließt Brigitte ab Montag wieder auf die Arbeit zu humpeln, auch wenn der Kaffee dort wesentlich schlechter ist als der  aus ihrer eigenen Maschine, an die sie aber zur Zeit aus besagten Gründen nicht wirklich gut drankommt. Irgendwas ist immer im Herbst 🍂.


 
 
 

1 Comment

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Mario S.
Mario S.
Feb 20
Rated 4 out of 5 stars.

Brigitte hat's nicht leicht, wie man sieht. Gut zusammengefasster Bericht der Befindlichkeiten einer Mitfünfzigjährigen.

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